Wenn das Land den Atem anhält – Hauskirchen im Herbst

Hauskirchen an der Zaya

Wenn das Land den Atem anhält – Hauskirchen im Herbst

Es gibt Tage im Herbst, da scheint selbst die Zeit stillzustehen. Der Wind, der im Sommer noch übermütig durch die Gassen tollte, schleicht jetzt gedämpft zwischen den alten Mauern von Hauskirchen hindurch. Er riecht nach Erde, nach Äpfeln und nach einer Ahnung von Rauch. So, als hätte er sich gerade durch ein Kaminfeuer gewunden, um ein Stück Erinnerung mitzubringen.

Die Felder liegen still, als hielten sie den Atem an. Nur die Krähen auf den Drähten reden miteinander, als hätten sie alle Geheimnisse der Welt gehört. Und vielleicht haben sie das ja. Wer genau hinhört, erkennt in ihrem Krächzen manchmal den Klang vergangener Feste, das Lachen derer, die einst über dieselben Wege gegangen sind, auf denen wir heute stehen.

Im Dorf selbst verändert sich der Ton der Tage. Die Traktoren klingen müder, die Schritte auf dem Asphalt klingen weicher. In den Küchen aber wird es lauter: Da scheppert das Emaillegeschirr, da wird eingekocht, eingemacht, aufgehoben. Als wollten die Menschen nicht nur Marmelade und Kürbissuppe konservieren, sondern auch ein Stück Wärme, das bis in den Februar reicht.

Wer in diesen Wochen über die Feldwege hinausgeht, merkt bald, dass der Herbst hier nicht bloß eine Jahreszeit ist. Er ist eine Stimmung. Eine Art sanftes Zaubern, das die Landschaft verwandelt. Das Licht wird flüssig wie Honig, und manchmal fällt es durch den Nebel, als würde jemand im Himmel eine alte Öllampe anzünden.

Und irgendwo zwischen den Scheunen und alten Apfelbäumen beginnt das Flüstern der Geschichten. Die von früher, die von jetzt, die von jenen, die keiner mehr ganz genau kennt. Vielleicht rascheln sie in den Maisblättern, vielleicht verstecken sie sich in einem alten Traktor, der nicht mehr anspringt. Vielleicht erzählen sie auch von einem kleinen Teddy, der sich irgendwo im Dorf auf Spurensuche macht, und plötzlich ein vergilbtes Notizbuch in einem Hohlraum der Kapellenwand findet.

Der Herbst im Dorf hat eine ganz eigene Zeitrechnung. Vormittags zählen wir nach Nebelfetzen, nachmittags nach Sonnenflecken auf den Bänken, und abends nach dem Geruch von Holzfeuer, der in den Kleidern hängt. Und während über den Dächern die Dämmerung langsam wie warmer Tee hinabfließt, weiß man plötzlich wieder, was Heimat bedeutet: nicht ein Ort auf der Karte, sondern ein Gefühl, das in der Luft liegt.

Wenn dann am Sonntag der erste Reif auf den Weinstöcken glitzert, ist es, als hätte das Land selbst eine dünne Schicht Poesie übergezogen. Und wer ganz genau hinsieht, erkennt darin vielleicht die Spur eines winzigen Pfotentritts. Brösel war wohl wieder unterwegs.

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