Brösel und die flüsternde Telefonzelle

Brösel Teddyreporter Hauskirchen

Brösel und die flüsternde Telefonzelle

An einem Dienstag, der ein bisschen wie ein Sonntag roch, nach altem Papier, Marillenbaum und warmer Windbö, tappte ich durch Hauskirchen. Meine Pfoten waren leicht staubig, meine Kamera surrte zufrieden in ihrer Ledertasche, und mein Bauch brummte vor lauter Entdeckerlust.

Ich war unterwegs zur sagenumwobenen Telefonzelle, von der ich schon auf dem Dachboden der alten Schule gehört hatte.
„Da drin lebt was“, hatte ein vergilbter Zettel zwischen zwei Wörterbüchern gemurmelt.
„Aber es ruft nicht mehr an. Es erzählt.“

Ich fand sie gleich neben dem Weg, ein silbernes Häuschen aus vergangener Zeit, mit Fenstern wie Brillengläsern und einem Geruch nach Abenteuer. Die Tür quietschte wie ein höflicher Butler, der schon zu lange auf Besuch wartete.

Bücher Telefonzelle Hauskirchen

Drinnen? Kein Hörer. Keine Wählscheibe. Stattdessen: Bücher!
Gestapelt, gesteckt, gedrängt. Dicke, dünne, leise, mutige. Manche schienen zu schlafen, andere flüsterten, kaum hörbar:
„Psst… Lies mich. Ich weiß, wo der Wind wohnt.“

Ich kletterte behutsam auf einen kleinen Brockhaus, schob meine Nase zwischen ein zerfleddertes Märchenbuch und ein altes Kochheft mit vergilbten Flecken. Ein warmer Papierduft umhüllte mich, wie ein flauschiger Gedanke.

Plötzlich spürte ich’s: Ein Flimmern.
Wie wenn Erinnerungen tanzen.
Und ich hörte Stimmen. Keine klaren Worte, mehr so ein Wispern aus Sätzen, die einst jemandem wichtig waren.
Vielleicht war es der Großvater, der seiner Enkelin vorlas.
Vielleicht ein Mädchen, das heimlich in der Telefonzelle ihre erste Geschichte zurückließ.

Ich zog mein Notizbuch aus der Tasche. „Die Telefonzelle speichert nicht mehr Gespräche, sondern Geschichten.
Und wer genau hinhört, kann sie finden.
Zwischen den Seiten.
Oder in sich selbst.

Ich setzte mich auf einen dicken Krimi, lehnte mich an einen Gedichtband und lächelte.
„Hier bleib ich heut. Vielleicht ruft ja doch noch jemand an.“

Euer Brösel
(Klangsammler, Seitenlauscher, Telefonbuchträumer)

Teddy Reporter Hauskirchen

Brösels Notiz

Heute hab ich gelernt:
Man muss nicht laut sprechen, um gehört zu werden.
Manche Geschichten flüstern und genau das macht sie besonders.

Und: Wenn ein Buch nach Gulasch riecht, ist es meistens gut.

Brösel Teddyreporter Hauskirchen