Wer durch die Weinviertler Landschaft spaziert, wird ihnen kaum entkommen: den kleinen, weißen Kellerhäusern, die wie schlichte Häuschen an den Hängen kleben. Manche wirken verschlafen, als hätten sie schon lange keinen Besuch mehr bekommen, andere strahlen frisch gekalkt und stolz wie am ersten Tag. Für unsere Dörfer waren sie über Generationen hinweg nicht bloß Lagerräume, sondern richtige Lebensadern.
Im Inneren, kühl und feucht, lagerten die Fässer mit Wein oder Most. Das war nicht nur Vorrat, sondern auch Stolz. Der Keller spiegelte, wie fleißig und geschickt eine Familie durchs Jahr gewirtschaftet hatte. Und er war Treffpunkt: Wer „in’n Keller ging“, tat das selten allein. Es wurde verkostet, gefeiert, getratscht, zwischen Holzfass und Petroleumlampe.
Die Kellerhäuser sind ein Stück Architekturgeschichte. Meist bestehen sie aus einem einfachen Presshaus vorne und dem eigentlichen Keller, tief in den Löss gegraben. Weil Löss so weich und zugleich stabil ist, konnten die Stollen ohne Mauerwerk jahrzehntelang halten. Kein Wunder also, dass in unseren Gegenden wahre unterirdische Labyrinthe entstanden sind, still, kühl und geheimnisvoll.
Heute haben viele dieser Keller ihre ursprüngliche Bedeutung verloren. Doch sie bleiben stille Zeugen einer Zeit, in der das Leben enger mit Natur und Ernte verwoben war. Manche wurden liebevoll restauriert, andere sind verfallen und gerade darin liegt ihr besonderer Charme. Sie erinnern uns daran, dass Geschichte nicht nur in Büchern steckt, sondern auch in Mauern, Wegen und den stillen Winkeln unserer Heimat.
Vielleicht ist es gerade jetzt Zeit, den Kellerhäusern wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Denn wer sie betrachtet, sieht nicht nur alte Mauern. Er sieht die Gesichter derer, die hier lachten, arbeiteten, sangen und den Duft von frischem Most in der Nase hatten.

