Von Goldparmänen und Krummstiel – Apfelgeschichten aus dem Weinviertel

Alte Apfelsorten

Von Goldparmänen und Krummstiel – Apfelgeschichten aus dem Weinviertel

Wenn man heute durch die Supermärkte geht, scheinen die Apfelsorten überschaubar: Gala, Jonagold, Granny Smith. Hübsch aufgereiht, gleich groß, glänzend poliert. Doch in unseren Dörfern war es früher ganz anders. Da standen in den Gärten unzählige Apfelbäume, oft von Hand veredelt, manchmal nur durch Zufall entstanden – und jede Sorte hatte ihren eigenen Charakter.

Die Goldparmäne zum Beispiel, auch Wintergoldparmäne genannt, war ein echter Schatz: goldenrot, duftend und mit einem feinen Aroma. Sie galt als der „Prinz unter den Äpfeln“ und eignete sich hervorragend zum Backen, weil sie beim Garen nicht zerfiel, sondern ihre Form hielt. Wer einen Strudel damit machte, bekam eine Fülle, die aromatisch und zugleich fest war.

Eine ganz andere Art war der Krummstiel, klein, säuerlich und mit diesem charakteristischen schiefen Stiel. Er war kein Apfel für die große Bühne, sondern für den Hosensack: man nahm ihn mit aufs Feld, biss hinein, und schon hatte man eine erfrischende Jause.

Auch der Maschanzker, ein alter österreichischer Apfel, gehörte zu den typischen Sorten. Er war so aromatisch, dass man ihn im Keller schon riechen konnte, lange bevor man ihn in die Hand nahm. Für Bratäpfel war er unschlagbar.

Dann gab es noch den Bohnapfel, eine sehr späte Sorte, die hart und unscheinbar wirkte. Aber gerade er war der Apfel für den Winter, lagerfähig bis ins Frühjahr. Und wenn man im Februar in die Kiste griff, war er noch immer saftig.

Viele dieser Sorten sind heute fast verschwunden. Die alten Bäume sind längst gefällt, weil sie knorrig wurden oder weil ihre Früchte nicht so „perfekt“ aussahen. Doch wer Glück hat, findet sie noch in Streuobstwiesen oder in alten Bauerngärten. Dort hängen sie manchmal krumm, gesprenkelt oder wurmstichig, aber ihr Geschmack erzählt Geschichten, die kein Supermarktapfel je bieten kann.

Und dann ist da noch der Boskoop, für viele der König der Backäpfel. Seine herbe Säure und sein festes Fleisch machen ihn ideal für Strudel, Kompott oder Bratapfel. Ich selbst habe ihn im Elsass liebengelernt, wo er die Hauptrolle in der berühmten Tarte aux pommes spielt. Dort habe ich nicht nur gegessen, sondern auch gelernt, wie man aus Boskoop eine Tarte zaubert, die so duftet, dass man das Gefühl hat, der Herbst selbst sei in den Ofen gestiegen. Seitdem gehört der Boskoop für mich zu jenen Sorten, die nicht nur im Mund, sondern auch im Herzen einen Platz haben. Vielleicht verrate ich euch eines Tages mein eigenes Geheimrezept dafür.

Für den Alltag heute lohnt es sich, Sorten wie den Elstar oder Jonagold im Blick zu behalten: sie sind ideale Tafeläpfel, süß und saftig, und zugleich vielseitig beim Backen. Wer es frischer mag, greift zu Cox Orange, einer edlen Sorte, die einen Hauch von Zitrus im Aroma trägt.

So ist der Apfel nicht nur Frucht, sondern ein Erbe. Jede Sorte hat ihre Seele – und wenn wir im Herbst einen Apfel in der Hand halten, halten wir auch ein Stück Dorfgeschichte fest.

Brösels Notiz:
„Manche Äpfel sind wie alte Teddybären: außen ein bisschen zerfleddert, innen aber voller Geheimnisse. Ich habe neulich in einem Apfelkern sogar eine winzige Karte entdeckt – sie zeigte den Weg zum nächsten Kuchen.“

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